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Jörg von Bargen
Alsterrausch
Hauptkommissar Fabian Hilpert passt nur bedingt in das Schema des Polizeibeamten deutscher Lesart. Man kann ihn einerseits als Moralisten bezeichnen, andererseits ist er durchaus in der Lage, völlig amoralisch zu handeln. Er weigert sich, sich nach den geltenden Standardnormen kategorisieren zu lassen.
Der Protagonist ist in Buchholz aufgewachsen und hat sich direkt nach dem Abitur bei der Hamburger Polizei beworben. Obwohl erst 32 Jahre alt, verfügt er über mittlerweile 13 Jahre Berufserfahrung. Hamburg ist auch privat seine Stadt geworden. Trotzdem zieht es ihn gelegentlich in seine Heimatstadt zurück.
Hilpert kehrt nach einem längeren Einsatz im Kosovo an seine alte Wirkungsstätte zurück. Er leidet unter dem Trauma seiner dortigen Erfahrungen und ist nur zögerlich bereit, sich hierüber zu öffnen. Der Leser erfährt erst zum Schluss das gesamte Ausmaß seiner Erlebnisse. Hilpert hat auf dem Balkan Partei ergriffen und sich dadurch Feinde gemacht, die ihm auch in Hamburg nach dem Leben trachten. Gleichzeitig erfährt er die Solidarität eines Kosovo-Albaners, der ihm in schweren Situationen zur Seite steht. Dass dieser führendes Mitglied der Hamburger Drogenmafia ist, macht die Arbeit des Hauptkommissars nicht leichter.
Seinen Start bei der Hamburger Mordkommission hat sich Hilpert geruhsamer vorgestellt. Bereits am Tag seiner Rückkehr stolpert er nach einem Bummel über den Kiez über einen Mord an einem Studenten. Schnell erweist sich, dass hinter der Fassade des jungen Mannes aus gutem Haus ein gnadenloser Egoist und Drogendealer steckte, für den Freundschaft keine sonderliche Bedeutung hatte. Letztlich wird sein Tod nur von wenigen betrauert. Hilpert trifft auf eine Freundin des Ermordeten, die ihm überraschend eine erschwingliche Wohnung mit Alsterblick besorgt. Er erfährt ein Stück Luxus, ohne diesen für sich gefordert zu haben. Dennoch genießt er ihn.
In Verdacht geraten diverse "Ableger" der besseren Hamburger Gesellschaft, die sich mit Teilen der Halbwelt gemein gemacht haben. Diese müssen schmerzlich begreifen, dass dort eigene Gesetzmäßigkeiten gelten, denen man sich nicht ohne Bedenken entziehen kann. Sie stoßen auf Menschen, denen sie nicht gewachsen sind.
Es folgen weitere Opfer, die nur schwer miteinander in Verbindung zu bringen sind, obwohl alles auf ein und denselben Täter hinweist. Aufgrund der professionellen Ausführung der Morde gerät auch die Hilpert beschützende Organisation in den Fokus der Ermittler. Medien und Politik drängen auf eine zügige Aufklärung der Verbrechen. Täter aus Osteuropa passen dabei gut ins Beuteschema der Öffentlichkeit.
Gemeinsam mit seiner Kollegin Oberkommissarin Alexandra Roeder begibt sich Hilpert an die Lösung der Mordfälle. Wenig dienlich ist dabei die Affäre, die die beiden eingehen, obwohl Alexandra kurz vor ihrer Hochzeit steht.
Sie stoßen bei ihren Ermittlungen auf eine junge Prostituierte, die vor Jahren ein Kind von dem Ermordeten erwartete. Sie wird getrieben vom Hass auf ihn und ihre Eltern, die sie zur Abtreibung gezwungen haben.
Der Fall ist komplex, die Mordmotive lassen sich nur schwer entschlüsseln. Die Ermittlungen werden nachhaltig erschwert, weil Hilpert von Freund und Feind lediglich mit Halbwahrheiten abgespeist wird. Je weiter er in dem Fall voranschreitet, desto mehr Fragen eröffnen sich ihm. Lange Zeit findet er keine zufriedenstellenden Antworten. Am Ende gilt nichts mehr, Freund- und Feindbilder verwischen sich. Alle Fährten, auf denen er sich bewegt, führen in die Irre. Alle Verdachtsmomente platzen wie Seifenblasen. Erst die achtlos hingeworfene Bemerkung seiner Partnerin und die Wut eines ehemaligen Klassenkameraden über dessen soziale Situation verdeutlichen ihm die Schwächen seiner bisherigen Thesen. Sie führen letztlich zur Aufklärung der Morde.
Mit Alsterrausch legt der Principal Verlag/Münster den ersten Band der geplanten Hamburgreihe um den Hauptkommissar Fabian Hilpert vor. Der Autor Jörg von Bargen studierte in der Hansestadt Betriebswirtschaft und Soziologie. Er verbrachte dort ein langes Berufsleben. Seit Längerem lebt er vor deren Toren in Buchholz/ Nordheide.
Jörg von Bargen lässt gelegentlich seine berufliche Historie des Pressesprechers eines multinationalen Konzerns in Hamburg durchscheinen. Die Finanzkrise, der Zusammenbruch großer Banken verdeutlichen nach seiner Auffassung das hohe kriminelle Potenzial, das in der Ökonomie steckt. Gerne nimmt er hier die eine oder andere Anleihe vor. Dabei legt er großen Wert auf einen Spannungsbogen, der bis zum Schluss anhält. Es wird dem Leser nicht leicht gemacht, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Man muss sich vor den Fallstricken des Autors hüten. Überraschende Wendungen lassen manche Prognose auf den Täter verkümmern.
Alsterrausch ist das siebte Buch des Autors, das bislang veröffentlicht wurde. Der zweite Band der geplanten Krimireihe steht kurz vor der Fertigstellung. Hierin setzt sich Hilpert auf die Fährte eines Serienmörders.
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