Ahmed El Dib

Amüsante Plaudereien über Kochen und Backen

KLEINE PLAUDEREI ZU BEGINN


In den letzten zwei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts genossen Kochbücher und Zeitschriften, Kochkurse und insbesondere Koch-Shows sowie Koch-Talk-Shows eine immens steigende Konjunktur. Und der Trend hält im dritten Jahrtausend unvermindert an! Irgendwie und irgendwann haben die Verlage und die Fernsehsender erkannt, dass der Homo Sapiens zuerst mit den Augen isst, und um dieses "voyeuristische" Verlangen zu stillen, haben sie die Buchhandlungen mit einer Lawine von Koch- und Backbüchern sowie -zeitschriften überflutet. Außerdem wird in jedem Fernsehkanal eine Kochshow veranstaltet.

Schon beim Betreten einer Buchhandlung fallen die vielen Sonderangebote an Koch- und Backbüchern ins Auge. Es gibt Bücher in jeder denkbaren Größe, aber alle haben eins gemeinsam: verführerische, verlockende Bilder von Gerichten, essbar wie trinkbar, in grellen Farben. Ehrlich gesagt, Prachtbilder! Und wenn man ein wenig Freude am Kochen oder Backen hat, steht man vor diesen Büchern und beginnt zu blättern, denn blättern kostet ja nichts. Man ahnt nicht, dass damit schon der erste Schritt zum Kauf getan ist. Zweifeln Sie nicht an dieser Aussage, denn ich spreche aus eigener Erfahrung! Erst beim zweiten Durchblättern zu Hause erkennt man, dass – wie bei vielen dieser Bücher – der Kauf voreilig war. Das Wasser läuft einem nicht mehr so stark im Mund zusammen wie vorher in der Buchhandlung, und wenn man die Sache nun mit Vernunft betrachtet, stellt man bald vor allem eines fest: viele große Bilder, wenig Text. Die Beschreibungen der Koch- und insbesondere der Backvorgänge sind größtenteils knapp und dürftig. Vor allem kann man nicht erkennen, wo bei dem einen oder anderen Rezept die Falle eingebaut ist, denn bei jedem Rezept gibt es mindestens eine Falle.

Und weil die Koch- und Backbücher mehr Wert auf das "Gebildete" legen – nicht im Sinne von Bildung, nein, von Farbbildern, meine ich –, kommt das Geschriebene leider zu kurz. Manchmal habe ich den Eindruck, als läse man ein Telegramm, darum nenne ich solche Rezepte Kochtelegramme.

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Man nehme ... – viele Kochbücher pflegen diese Redensart zu verwenden, benutzen aber fremde Namen für irgendwelche Bestandteile oder Produkte, sodass man dann dasteht und nicht weiß, was man eigentlich nehmen und woher man es nehmen soll?! Da beginnt man nun eine große Einkaufstour in die Stadt, in exotische und spezielle Geschäfte, also eine Jagd auf etwas, das man vorher noch nie gesehen hat. Man nehme ... die geriebene Schale einer unbehandelten Zitrone ... Können Sie mir sagen, wo man diese Zitrone erhält? Aber so hat jeder Rezeptverfasser sein reines Gewissen, und jeder Händler behauptet sowieso, dass seine Zitronen bio seien!.................

Om Ali

Diese Speise ist eine traditionelle, ägyptische Süßspeise und hat nicht, wie viele andere, ihre Wurzeln in der Türkei und ist auch nicht in allen Ländern des Mittleren Ostens zu finden.

Der arabische Name "Om Ali" bedeutet "die Mutter von Ali". Da man in den arabischen Ländern den Namen der Ehefrau nie nennt, wird diese nach dem Namen des ersten Sohnes, und nicht dem der Tochter, genannt (das sind die orientalischen Macho-Allüren). Man staunt über den Dialog, wenn sich zwei gute Freunde in Ägypten auf dem Land treffen.

Der eine fragt: "Wie geht es den Kindern?"

Der zweite antwortet: "Die Kinder sind im dritten Monat schwanger."

Als meine Frau Mitte der 60er-Jahre mit unserem Sohn Amin nach Luxor kam, hieß sie sofort "Om Amin", weil es eine Beleidigung ist, den Namen der Frau auszusprechen. In der Stadt liegen die Dinge anders.

Ebenso werden viele Männer nach dem ersten Sohn benannt:. "Abou" heißt Vater, und es gibt Namen wie z.B. "Abou Ali" oder "Abou Teflika", der Staatspräsident von Algerien. Umgekehrt heißen viele Leute "Ibn ..." = "Sohn von ...". "Ibn" wird abgekürzt zu "Ben", z.B. Ben Bella, der frühere Staatspräsident von Algerien oder auch "Ben Wisch", so genannt, weil der deutsche Minister Wischnewski gute Beziehungen zu den arabischen Ländern hatte.

Die Entstehung dieser Süßspeise Om Ali hat einen historischen Hintergrund:

Während der Ayoubidien-Dynastie in Ägypten im 13. Jahrhundert, gegründet von dem Kurden Salah El Din El Ayoubi, zog sein Nachfolger, der Sultan El Saleh Ayoub (unsere Freundin in Kairo Ayda Ayoub stammt aus diesem Clan) gegen die französischen Kreuzritter in die Schlacht nahe der Stadt El Mansoura (arabisch = die Siegende) am rechten Arm des Nildeltas. Er wurde verwundet und erlag einige Tage später seinen Verletzungen. Seine Frau, Shagaret El Dorr, verschwieg seinen Tod, damit die Armee nicht demoralisiert wurde. Nach dem Sieg bestieg sie den Thron, ein damals in der islamischen Welt einmaliges Ereignis! In dem vornehmen Wohnviertel Kairo-Zamalek ist eine wichtige Straße bis heute nach ihr benannt.

In der 7000-jährigen ägyptischen Geschichte ist die Sultanin Shagaret El Dorr die zweite Frau, die Ägypten regierte. Die erste war die Pharaonen-Königin Hatschepsut (1503 – 1482 v. Chr.) Vielleicht vermissen Sie den Namen einer dritten ägyptischen Königin, Kleopatra (69 – 30 v. Chr.). Sie war jedoch keine Ägypterin, sondern eine Griechin, die während der Ptolemäen-Dynastie Ägypten regierte.

Und nun die Geschichte von Om Ali:

Kurz nach ihrer Thronbesteigung entwickelte sich eine Liebesgeschichte zwischen der Sultanin Shagaret El Dorr und ihrem Wesir, dessen Ehefrau Om Ali hieß. Mithilfe einer Palastintrige ließ Om Ali die Sultanin ermorden: Sie wurde im Bad durch ihre Badezofen mit deren Holzschuhen erschlagen. Diese Ereignisse sind historisch belegt.

Und nun fängt die Legende der Om-Ali-Süßspeise an:

Zur Feier dieses Sieges ließ Om Ali einen Springbrunnen entleeren und diesen dann mit Milch, Sahne, Honig (zu dieser Zeit war Zucker noch nicht bekannt), Riesenmengen gebackenem Pastetenteig, Nüssen, Rosinen usw. füllen. Eine große Zahl nackter Jungfrauen stieg in den Brunnen, um die Zutaten zu vermengen. Zu diesem Fest wurden die Bewohner von Kairo eingeladen, und es wird überliefert, dass der Inhalt dieses riesigen Beckens für alle Bewohner reichte. So wurde diese Speise im Volksmund zu Om Ali. Die Grundidee wurde damals geboren, und seitdem gehört sie zum Repertoire der ägyptischen Süßspeisen.

Auf keiner Speisekarte eines renommierten Restaurants in Ägypten darf Om Ali fehlen. Viele ausländische Besucher bestellen diese schmackhafte und kalorienreiche Speise nicht, weil sie sich nichts darunter vorstellen können. Die Speise wird in kleinen Schüsseln aus Terracotta auf den Tisch gebracht.

Für die Zubereitung von Om Ali gibt es kein Standardrezept. Die Zutaten und ihre Zusammensetzung variieren je nach Laune und Kunstfertigkeit des Konditors.

Seit Beginn der 70er-Jahre bis Mitte der 80er-Jahre verbrachten wir unseren Urlaub im Hotel El Alamein im Ort Sidi Abd el Rahman an der ägyptischen Mittelmeerküste, etwa 20 km westlich des Ortes El Alamein oder 130 km westlich von Alexandria. Der dortige Süßspeisenkoch verwöhnte uns des Öfteren mit seiner exzellenten Om Ali. Und so habe ich lange mit ihm verhandelt, bis er bereit war, mir seine Geheimnisse zu verraten. Wieder zurück in Deutschland, ging ich dann an die Arbeit.

Ich bereitete Om Ali vor – natürlich musste ich den Zuckergehalt um die Hälfte reduzieren – und bat meine Frau zu kosten. Es gab 5 – 6 Testversuche, bis ich die Sache im Griff und Om Ali zur Perfektion gebracht hatte. Alsbald merkte ich auch, dass der Koch mir nicht alles verraten hat – keiner von ihnen tut es. Für die nächsten Monate musste ich den Vorwurf meiner Frau über mich ergehen lassen: "Schau mal, diese kleine Speckrolle kommt von deinem Om Ali!"

Ich habe Om Ali dann für unsere Gäste in Deutschland zubereitet, mit gutem Erfolg. Aber der wahre Test kam im Jahre 1989:

Damals organisierte das ägyptische Kultusministerium für den mit uns befreundeten Maler Youssry Hassan eine Ausstellung in der ägyptischen Kunstakademie in Rom. Diese Akademie wird vom ägyptischen Staat unterhalten und befindet sich in dem vornehmen Ort Villa Borghese in Rom. Die Verwaltung der Akademie und der Wohnsitz ihres ägyptischen Präsidenten befinden sich in einem schönen Gebäude, zu dem auch ein Anbau gehört, in dem die Künstler, die vom ägyptischen Staat mit einem Stipendium nach Rom geschickt werden (immer für 4 Jahre), wohnen können. Also, dachten wir, diese Ausstellung dürfen wir uns nicht entgehen lassen, und ein Besuch in Rom ist auch sehr verlockend.

Nach der Vernissage lud der Präsident der Akademie 45 Gäste, zumeist Italiener aus der offiziellen und privaten Kunstszene, ein. Am Mittagstisch erzählte er uns von den Vorbereitungen zu dem Abendmenü, und ich fragte: "Kein Nachtisch? Keine ägyptische Süßspeise?" Ich schlug ihm vor, seinen Gästen Om Ali anzubieten. Er war einverstanden und bat mich um die Einkaufsliste.

Abends erschienen wir alle in Abendkleidung. Der Präsident bat mich, das Eingekaufte zu überprüfen. Es war alles falsch, und sein ägyptischer Koch sagte zu mir: "Ich werde diese Speise nicht anrühren!" Es stellte sich heraus, dass dieser Koch überhaupt keine Süßspeisen zubereiten konnte, und mir kam der Verdacht, dass er mit Absicht das Falsche eingekauft hatte, um diese Om-Ali-Idee zu torpedieren. Der Präsident bestand aber auf Om Ali, und so fuhr Natalie, seine Sekretärin, mich in die Stadt, um einzukaufen.

Stellen Sie sich das vor: Im dunklen Anzug musste ich dann in die Küche und alles vorbereiten. Ich bat den Koch, mir nach Servieren der letzten Speise ein Zeichen zu geben, auf das hin ich wieder in die Küche kommen wollte, um das Grillen der Oberfläche der Om Ali zu überwachen.

Bis dahin hatte ich Om Ali immer für 6-8 Personen gemacht. Und nun für 45 Personen!! Das konnte schiefgehen. Ich nahm zwei sehr große, feuerfeste Formen, aber ich hatte kein Gefühl dafür, ob die Relationen stimmten.

Om Ali kam auf den Tisch, und die Gäste nahmen zunächst nur kleine Portionen, wahrscheinlich um zu kosten. Aber dann kam der Andrang! Dies war für mich sehr beruhigend, bis die Gattin des ägyptischen Botschafters in Rom, die am Nebentisch saß, fragte: "Wer hat diese Om Ali gemacht?"

Jetzt kommt der Hammer, dachte ich, denn die Italiener sind kein Maßstab in der Beurteilung von Om Ali. Aber eine ägyptische Dame?! Unsere Freundin Ayda fragte sie: "Warum diese Frage? Ist etwas nicht in Ordnung?"

"Mein Botschaftskoch ist bekannt für seine Om Ali", antwortete sie, "aber diese hier ist besser!"

Da fiel mir ein Felsen – nicht nur ein Stein – vom Herzen! Wenn Sie also die Om Ali nach meinem Rezept zubereiten, bekommen Sie eine, die besser ist als die des Kochs des ägyptischen Botschafters in Rom.

Zwei Tage später reisten wir nach Kairo, und zu unserer Überraschung war der Präsident der Akademie auch in unserem Flugzeug. Während des Fluges verriet er mir, dass er dringend nach Kairo bestellt worden sei, um als Kultusminister vereidigt zu werden.

Und nun zur Zubereitung der Om Ali. Für vier Personen brauchen Sie:

Zutaten

- 4 Tafeln Blätterteig, tiefgefroren
- 400 ml Milch (Vollmilch, versteht sich)
- 90 – 100 g Zucker
- 1 Päckchen Vanillezucker
- 200 g Schlagsahne (30 %), geschlagen
- geröstete Mandeln
- geröstete Haselnüsse
- geröstete Pinienkerne
- Rosinen

Zubereitung

1) Lassen Sie die Blätterteig-Tafeln auftauen und rollen sie auf ihre doppelte Größe aus. Bestreuen Sie sie mit etwas Zucker und schieben sie in den vorgeheizten Backofen (165° - 170°C). Sie brauchen etwa 20 Minuten, bis sie goldbraun geworden sind. Dann lassen Sie sie abkühlen.

Wenn Sie sich diese Arbeit ersparen wollen, kaufen Sie beim Konditor 4 Schweineöhrchen aus gerolltem Blätterteig oder die flachen Sohlen. Da die Enden dieser Backwaren oftmals mit Schokolade überzogen sind, müssen Sie diese entfernen. (Om Ali, die Frau des Wesirs, ließ seinerzeit auch keine Schokolade in das Becken füllen, denn diese war damals noch nicht bekannt und würde auch den Geschmack stark verfälschen.)

2) Geben Sie das zerbröckelte Gebäck, die Mandeln und die Rosinen in eine mittelgroße feuerfeste Form mit einer Randhöhe von 4-5 cm. Hierfür gebe ich keine Mengen an, denn es ist Geschmacksache, welche Nüsse man nimmt (alle oder nur eine Sorte) und natürlich ist entscheidend, ob man Rosinen überhaupt mag. Dennoch sollten diese immer dabei sein, wenn auch vielleicht nur in geringer Menge.

Wenn Sie Gäste erwarten, können Sie alles bis zu diesem Schritt vorbereiten und die folgenden Schritte nach dem Abendessen vornehmen.

3) Schalten Sie den Grill Ihres Backofens ein.

4) Bringen Sie die Milch, den Zucker und den Vanillezucker zum Kochen und begießen die Zutaten in der feuerfesten Form. Die Milch sollte das Gebäck etwa 1 cm hoch bedecken. Nun verteilen Sie die kalte, geschlagene Sahne über die gesamte Oberfläche in einer Schicht von mindestens 1 cm Dicke und schieben die Form unter den Grill, ca. 4 – 5 cm von den heißen Drähten entfernt.

Alle diese Schritte müssen jetzt sehr schnell erfolgen. Das Gebäck sollte nicht zu lange in der Milch verharren, denn sonst saugt es die Milch auf und backt dann fest zusammen.

Nach ein paar Minuten Grillen beginnt die Oberfläche, Farbe anzunehmen. Die Speise ist fertig, wenn die Sahne auf der gesamten Oberfläche eine goldbraune Farbe bekommen hat. Vielleicht verschieben Sie die Form ab und zu etwas nach rechts oder links, um eine gleichmäßige Bräune zu erreichen. Einige dunklere Stellen sind nicht immer zu vermeiden.

Kommen Sie bitte nicht auf die Idee, die Form in den heißen Backofen zu schieben. In diesem Fall bekommen Sie einen harten, festen Kuchen, welcher den Namen Om Ali nicht verdient. Benutzen Sie auch keine Unterhitze oder ähnliche Spielereien. Nur den Grill von oben! Nach der Zugabe der gekochten, süßen Milch auf das Gebäck muss alles sehr schnell gehen.

Om Ali wird heiß serviert. Die angegebene Zuckermenge entspricht 30% - 50 % der in Ägypten üblichen Menge.


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Penne Arrabbiata - Nudelröhrchen mit scharfer Tomatensauce

Dies ist eine typisch italienische Pasta mit viel Tomaten, aber sehr scharf. Hierfür eignen sich Penne rigate, also die gestreiften, schräg geschnittenen Nudelröhrchen.

Der Begriff "arrabbiare" bedeutet im Italienischen "toll, wütend oder böse werden oder sich ärgern". Also, wenn jemand auf ein Stück scharfer Peperoni oder eine Chilischote beißt und plötzlich Feuer bis zum Rachen im Munde brennt, macht er unfreiwillig seltsame Gesten, die den Menschen so aussehen lassen, als ob er sehr wütend sei. Daher der Name "Arrabbiata".

Eine andere italienische Legende besagt, dass die Benennung dieses Pastagerichtes wütenden Ehefrauen zuzuschreiben ist. Wenn eine Frau wütend auf ihren Mann war, hat sie seine Pasta mit viel Chili und Peperoni feurig gemacht. Damit, und ich spreche jetzt das weibliche Geschlecht an, haben Sie noch eine zusätzliche Waffe im Arsenal. Wenn Sie auf Ihren Mann oder Lebensgefährten wütend, also "arrabbiata", sind, dann bereiten Sie ihm diese Pasta zu – sehr feurig, dreimal die Woche, und vergessen Sie nicht zu vergessen - natürlich absichtlich -, die 4 Chilischoten aus der Sauce zu entfernen!

Die Schärfe können Sie selbst bestimmen. Sie soll den Mund und die Lippen nicht verbrennen – es sei denn, Sie mögen es scharf -, sondern die Soße soll pikant sein, wie die Italiener sagen.

Die Anzahl der Chilischoten, wie lange sie in der Soße mitgekocht werden und wie viel – wenn überhaupt - gemahlener Chili noch dazukommt, haben Sie selbst in der Hand.

Sie können die Soße mit oder ohne Zwiebeln zubereiten, auch wenn Sie die "Grundtomatenpaste" (s. S. 112) verwenden, die ja auch Zwiebeln enthält.

Für die Zubereitung brauchen Sie etwas Zeit, denn, wie schon gesagt, eine gute Tomatensoße braucht mindestens 1 Stunde.

Für 4 Personen benötigen Sie:...........

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Paella

Der Name dieser spanischen Spezialität kommt von dem arabischen Wort "Bakiia", das "Reste" bedeutet. Im Volksmund wurde dieses Wort in wer weiß wie vielen Schritten von "Bakiia" zu "Paella" verwandelt. Wie Sie sicherlich wissen, eroberten die Araber (die Mauren) im 8. Jahrhundert Andalusien. Bevölkert war dieser Landstrich zu jener Zeit von den Vandalen, daher nannten die Mauren es "Al-Vandaluz", also "Land der Vandalen". Später wurde es: "Al Andalus", spanisch: "Andalucia" ausgesprochen.

Aus der arabischen Hochkultur in "Al Andalus" strömte das Wissen von Medizinern, Mathematikern, Astronomen und Philosophen ins Abendland. Man sagt, dass durch die etwa 800-jährige arabische – oder besser gesagt, maurische – Besatzung etwa 600 arabische Wörter Eingang in die spanische Sprache gefunden haben, darunter auch die Bakiia oder Paella. Mit dieser wollen wir uns jetzt beschäftigen und das andere geballte Wissen den Fachleuten überlassen.

Paella war ein Gericht der armen Leute. Essensreste von 1-2 Tagen oder mehr (Gemüse, Fleisch, Hühnerfleisch, Fisch und Meeresfrüchte) wurden in einer Pfanne vermischt und im Ofen gebacken. Manchmal verfeinerte man das Essen mit frischen Zutaten aus dem Meer oder dergleichen. Heute hat Paella seinen festen Platz in der spanischen Küche und ist nicht mehr verpönt als poor mans food.

Ähnliches gibt es in anderen Ländern der Welt. Man denke an die Matjes-Heringe in Deutschland, die bis weit nach dem Krieg ebenfalls als Armeleuteessen betrachtet wurden und nie auf der Speisekarte eines mittelklassigen Restaurants erschienen. Sie gelten heute als Delikatessen. Im Trend der modernen Präsentation kommen sie dekoriert auf den Tisch: mal sternförmig flach auf dem Teller liegend, zusammen mit dünnen Zwiebelringen, Apfelspalten und einem Klecks Sahnemeerrettich, mal s-förmig oder in sich wie ein Hologramm gekrümmt, mit verschiedenen Soßenarten und tollen Verzierungen. Jede Variante hat ihren Namen: dänisch, schwedisch, usw.

Paella hat eine ähnliche Entwicklung genommen und ist jetzt kein Reste-Essen mehr, sondern eine spanische Spezialität. Aber – wenn es bei den guten Dingen ein "Aber" gibt, muss man eigentlich nachdenklich werden: Um eine richtige, typische Paella zu finden, muss man lange suchen. Wenn Sie sich gleich die Zubereitung anschauen, werden Sie sich zu Recht fragen: "Wie kann man denn in einem spanischen Restaurant in Deutschland in 30 Minuten eine riesige Pfanne Paella mit grellgelb gefärbtem Reis, mit großen Muscheln bedeckt, erhalten?!!" Diese Paellas werden nach der Fastfood-Methode oder besser gesagt, wie eine Pizza zubereitet. Alle Zutaten sind bereits gekocht, sogar der Reis; es wird eine Mischung hergestellt, mit viel Öl begossen, und dann ab damit in den Ofen. Man bietet Ihnen etwas für das Auge, aber der Gaumen kommt viel zu kurz. Alles sieht wie ein Acrylgemälde aus, gut geeignet für ein Paella-Foto, aber der Geschmack? Allein schon die grelle, gelbe Farbe soll den Eindruck erwecken, dass man reichlich Safran benutzt habe, eine Täuschung, denn Safran ergibt ein zartes, kein intensives Gelb. Wenn Sie an den Preis von Safran denken und dass man 1-2 Krokus-Narben (s. S. 55) dazu braucht, kommt einem die Sache "spanisch” vor. Hier ist Safranersatz oder Curcuma (s.S. 44) am Werk!

Die leckerste Paella bekamen meine Frau und ich Ende der 70er-Jahre in einem einfachen, winzigen, spanischen Lokal in Paris nahe Notre Dame. Die Tische bestanden aus Weinkisten mit einer einfachen Holzplatte darauf, und es gab keine Stühle, sondern Höckerchen. Die meisten Gäste waren Künstler, die den ganzen Tag auf dem Platz vor der Notre Dame standen und ihr Brot oder ihre "Paella” mit dem Verkauf von Bildern mit den folkloristischen Motiven oder mit Touristenporträts verdienten.

Die Paella-Pfannen wurden laufend im Voraus im Ofen gegart, und wenn man Glück hatte, bekam man seine echte Paella in 10–15 Minuten. Eine solche Paella habe ich auch in Spanien nie bekommen und die "Notre-Dame-Paella" habe ich bis heute nicht vergessen. Ein paar Jahre später wollten wir dieses Lokal wieder besuchen, aber es war verschwunden.

Das Entscheidende bei der Zubereitung einer Paella ist die Verwendung von frischen Fischen und rohen Garnelen mit Kopf und Schale. Denn beim Fisch wie auch bei den Giant-Garnelen befindet sich das meiste Aroma im Kopf, sodass man sagen kann: "Diese Tiere haben es im Kopf!", eine Eigenschaft, um die viele Menschen, insbesondere einige Manager und Politiker, sie beneiden!....................